05.09.17

[Rezension] Fate-Kodex Anthologie Band 1

“Fate Codex” ist eine per Patreon finanzierte englischsprachige PDF-Zeitschrift für das Universalrollenspiel Fate. Das regelmäßig erscheinende Zine ist schon im dritten Jahr und hat bereits 18 Ausgaben bei Drivethrurpg.com. Ein Fate-Mitarbeiter zeichnet sich für die Redaktion verantwortlich. Die “Fate-Kodex Anthologie Band 1” vereinigt die Ausgaben des ersten Jahres - sieben an der Zahl - in einem kleinformatigen Hardcover. Kann eine Zeitschrift ein ganzes Buch mit lesenswertem Material füllen? Diese Frage gilt es zu beantworten.

Ein Freund und ich haben vor kurzem den Tod der Rollenspielzeitschrift als solches betrauert. Was waren das noch für Zeiten, als man sich die neueste Ausgabe der aktuellen Lieblingszeitschrift kaufte und durch die vielen verschiedenen Artikel wühlte? Heute, zu Zeiten des Internets, ist die Rollenspielzeitschrift mehr oder weniger überholt. Nicht jedoch überholt ist die Idee, gute gemischte Artikel in einem annehmbaren Format zu veröffentlichen.

Ob so ein Buch etwas taugt, steht und fällt in jedem Fall mit der Qualität der Artikel. Abenteuer mit mittlerem Innovationsgrad und oberflächliche Regelartikel gibt es in großen Mengen im Internet. Dafür muss ich kein Geld ausgeben. Zum Glück kann der “Fate-Kodex” hier absolut überzeugten. Achtundzwanzig Artikel füllen das Buch. Wie bei “Fate” nicht anders zu erwarten, beschäftigen sich fast alle mit Regelergänzungen oder -varianten. Natürlich lassen sich gewissen Schwankungen bei der Qualität nicht vermeiden, insgesamt ist sie aber weit besser, als ich es von den meisten Zeitschriften - egal ob neu oder alt - gewohnt bin.

Der Einleitungsartikel ist komplett theoretischer Natur und beschäftigt sich mit dem Leiten selbst. Er wirft einen kurzen Blick auf die Unterschiede zwischen Fate und anderen Systemen und gibt ein paar interessante allgemeine Tipps. Damit wäre die Grundlage für die folgenden Artikel gelegt.

Sehr gut gefallen haben mir verschiedene Kurzabenteuer, von denen es gleich mehrere gibt. Darin wird zunächst eine Welt in groben Zügen beschrieben - eine Welt die nah genug an klassischen Genres ist, dass man sofort weiß, worum es geht. Dort hinein werden ein paar Details gegeben, die vom Klischee abweichen. Ein Haupt- und zwei zusätzliche Probleme sorgen dafür, dass die Spielercharaktere etwas zu tun bekommen. Die Handlung des eigentlichen Szenarios, ggf. kombiniert mit Regelerweiterungen, gefolgt von Beispielcharakteren schließen die Beschreibungen ab. Das ist ein tolles Konzept.

Besonders gut fand ich “Silicon City”. Eine Cyberpunk-Stadt mit einer ganz besonderen Polizeistruktur und einem Drogenproblem. Man kann das Szenario gut als One-Shot auf einer Con leiten (und die Spieler wünschen lassen, sie könnten mehr erleben als nur diese “Pilotfolge” einer ganzen Kampagne). Mit “Dark Star” gibt es ein Sci-Fi-Szenario, das sich um einen geheimnisvollen schwarzen Stern dreht und das in einen ganzen Krieg münden kann. In “Arcane High” sind die Spieler Schüler auf einer Magieschule und müssen das Turnier eines ganz besonderen Spiels gewinnen. Das Spiel wird mit kompletten Regeln unterfüttert (also Regeln, mit denen man es am Spieltisch erleben kann) und natürlich gibt es auch wieder zwei weitere Probleme, von denen sich die Spieler eines aussuchen. Ein Szenario mit Zombies gibt es auch (alles wird besser mit Zombies). Insgesamt sieben solcher Kurzszenarien sind in dem Buch zu finden - und allein den Preis des ganzen Bandes wert.

Auch sehr gut gefallen hat mir ein Artikel über das “Einbrechen” in Burgen oder andere befestigte, aber nicht hochtechnisierte Gebäude. Der Artikel beschreibt ein Regelsystem, das mit Karteikarten funktioniert und auch für Leute interessant sein könnte, die nicht “Fate” spielen. Je nachdem wie der Spielleiter den Einbruch am Spieltisch darstellt, könnte das System ein wenig zu Brettspiel-artig werden. Man kann sich aber mit ein wenig Mühe auch vom Figurenschieben entfernen.

Neben diesen Highlights gibt es noch zwei Kurzgeschichten (mit Werten für die Hauptpersonen), zweimal Zombies (einmal davon das erwähnte Kurzabenteuer), Regeln für Munition, Konflikte abseits von Kampf, politische Kampagnen und andere interessante Artikel. Der “Fate-Kodex” ist für “Fate” vielleicht die perfekte Veröffentlichung. Er zeigt die Vielseitigkeit, gibt interessante Tipps und offenbart den Spaß, an “Fate” herumzuschrauben.

Das Schwarzweißlayout des Buchs ist einspaltiger Fate-Standard. Nichts Aufregendes, aber gut zu lesen und übersichtlich. Das ist die Hauptsache. Das Cover ist schlicht und in violett gehalten; statt Bild zeigt es das Symbol für “Vorteil erschaffen”. Der Einband ist stabil. Für diejenigen, die auf so etwas stehen, gibt es sogar ein Lesebändchen.

Fazit: Sieben Ausgaben einer herausragenden Zeitschrift in ein Hardcoverbuch gepresst - das ist Band 1 des “Fate-Kodex”. Die Artikel sind abwechslungsreich und im Durchschnitt sehr gut. Es gibt mehrere Kurzabenteuer, die auch als Kampagnenstarter genutzt werden können und viele andere interessante Artikel. Der “Fate-Kodex” ist ein Buch, das Spaß macht.

Fate-Kodex Anthologie Band 1
Quellenbuch
Mark Diaz Truman (Red.)
Uhrwerk Verlag 2017
ISBN: 978-3-95867-091-4
272 S., Hardcover, deutsch
Preis: 29,95

[Die Rezension wurde für den Ringboten erstellt. Der Verlag stellte mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung.]

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