20.04.19

[Rezension] Malmsturm – Länder des Sturms


"Malmsturm" ist Sword & Sorcery pur. Eine rohe Welt voller wilder Barbaren, eisiger Winterwüsten und uralten Mächten. Die "Länder des Sturms" sind eine Neuauflage der alten Weltbeschreibung, die schon lange ausverkauft ist. Auf fast 500 Seiten bekommt der Leser diese wilde Welt präsentiert. Die Regeln befinden sich in "Malmsturm - Die Fundamente". Der vorliegende, dicke Band enthält zwar ein paar Regeln, doch sind sie wegen der Verwendung von "Fate" sehr deskriptiv und außerdem so wenige, dass das Buch auch mit anderen Regelwerken problemlos einsetzbar ist.

Optisch ist das Buch beeindruckend: dick wie ein Ziegelstein; ein dunkelgrauer, fast schwarzer Einband mit goldgelbem Heavy-Metal-Schriftzug und der blutdurchlaufenen eckigen Malmsturmrune auf dem Cover. Der Goldschnitt, den wir noch beim Vorgänger "Malmsturm - Die Welt" hatten, ist verschwunden. Ich persönlich kann gut ohne leben. Das Papier ist cremeweiß und fasst sich gut an. Gleich vier Lesebändchen zieren das Buch. Und nicht zuletzt sind da natürlich Björn Lensigs Zeichnungen, die groß und großzügig verteilt die Welt in Bilder gießen. Sein rauer Schwarzweißstil passt wunderbar zur wilden Welt von Malmsturm. Man findet viele ganzseitige oder sogar doppelseitige Zeichnungen, was, gepaart mit Lensigs Zeichenstil, einen spannenden Effekt ergibt. Man hat als Betrachter manchmal das Gefühl zu nah dran zu sein, mit dem instinktiven Wunsch, einen Schritt zurückzugehen und sich aus größerer Entfernung einen Überblick zu verschaffen. Das Layout ist hübsch und passend. Schräg stehende Zitate, Überschriften, die neben dem Text stehen und immer wieder Seiten mit weißem Text auf schwarzem Grund unterstützen die Optik, die Lensigs Bilder erzeugen. Anders als "Die Fundamente" ist das Buchinnere komplett schwarzweiß, was ich als Vorteil empfinde, weil es im Vergleich zur teilweise recht dunklen, farbigen Schrift auf schwarzem Hintergrund, die man ab und zu im Regelbuch fand, uneingeschränkt gut lesbar ist.

Die Geschichte der Welt von Malmsturm ist uralt. Sie wird geprägt von Geschichten. Wenn genug Menschen etwas glauben, dann wird es auch wahr. Es gibt Monster und Magie. Die dargestellte Welt ist in drei grobe Gebiete unterteilt: Der Norden beherbergt Barbaren und wilde Stämme, die sich mit Fällen vor Schnee und Sturm schützen. Die Waismark war einst vom Imperium, dem dritten Gebiet, besetzt. Sie spiegelt das von den Römern verlassene Europa unserer Welt wider. Man kann den alten Glanz nur noch erahnen. Das Imperium selbst könnte Rom am Ende seiner Zeit sein, angereichert mit uralter Magie und bösen Priestern, die direkt aus einem Conan-Roman entsprungen sein könnten. Damit ist alles vorhanden, was eine gute Sword-&-Sorcery-Welt benötigt.

Das Buch beginnt mit einem Überblick und einer Erklärung, was Malmsturm auszeichnet. Auf wenigen Seiten gelingt es dem Autor Werner Hartmann eine Grundlage für alles Kommende zu schaffen. Die Zeitrechnung und Maße und Gewichte der verschiedenen Länder werden ebenfalls hier beschrieben. Ich habe nie den Drang verstanden, die Kalender, Namen von Wochentagen oder Maßeinheiten in Fantasywelten zu verändern. Der Erdenkalender funktioniert doch recht gut und Meter und Kilogramm vermitteln sofort wie weit entfernt oder schwer etwas ist. Wer mehr "Stimmung" in seine Zahlen bringen möchte, soll von mir aus auf Maßeinheiten wie Fuß, Pfund und Ellen zurückgreifen. Auch damit kann eigentlich jeder etwas anfangen. Auf der anderen Seite kann ich mir unter einer "Kappe" (ca. 400 ml) oder einem "Lauf" (ca. 500 m) nichts vorstellen und weiß auch nicht, ob der Monat "Ventos" nun im Winter oder im Sommer liegt. Nun gut, wer so etwas mag, findet hier jedenfalls eine gute und kurze Übersicht.

Den Großteil des Buches machen die Beschreibungen der drei große Gebiete aus, ihrer Völker, Geschichten und Geschichte, Regionen und Religionen. Hartmann liefert einen stimmungsvollen und schön lesbaren Text. Auch wenn der eine oder andere Satz etwas zu schwurbelig ist, zu sehr angereichert mit Beispielen, Namen und Details, sodass das Auge gern mal die Zeile verliert, macht es Spaß die Beschreibungen zu lesen. Man fühlt die Kälte des Nordens, erlebt die Dunkelheit der Höhlen und riecht die Gerüche der Märkte. Abenteuer drängen sich geradezu auf. Angereichert wird der Text durch massenweise Zitate, die eine subjektive Sicht der Dinge liefern.

Die letzten knapp 150 Seiten des Buches sind kleineren Kapitel gewidmet. Auf knapp 20 Seiten wird der "Rest der Welt" beschrieben. Neben den vielen Geschichten und Mythen, die Malmsturm ausmachen, gibt es natürlich auch ein paar Wahrheiten über die Vergangenheit der Welt. Diese findet der Leser im passenden, kurzen Kapitel - immer mit der Option sie zu ignorieren und sich eigene Wahrheiten auszudenken. Das Bestiarium ist kürzer als in "Die Welt", denn die generischen Monster sind zu Gunsten von einzigartigen Wesenheiten verschwunden. Zukünftige Bände sollen immer ihr eigenes Monsterkapitel enthalten. Bleibt neben den Anhängen das Kapitel "Alte Augen", in dem verschiedene Versionen eines Mannes oder einer Frau beschrieben werden, dessen Legende in jedem Teil der Welt vorkommt: Ein vielleicht unsterblicher Reisender, der auf der Suche nach irgendetwas durch die Lande zieht. Die einzige Gemeinsamkeit, die diese Personen haben sind ihre uralten Augen. Welche Beziehung der Wanderer zu dem gehörnten Dämon hat, der allgemein als der "Kaiser" bekannt ist, und ob die beiden vielleicht sogar ein und dasselbe Wesen sind, darin sind sich die Geschichten nicht einig. Dinge wie dieser Wanderer sind es, die Malmsturm zu etwas Besonderem machen.

Einziges Manko des Buches ist die Übersichtlichkeit. Das Layout macht es nicht leicht, auf die Schnelle "große" von "kleinen" Überschriften zu unterscheiden, und Hartmanns Schreibe erzeugt zwar viel Stimmung, will man jedoch einen Text nur kurz auf der Suche nach einer Info überfliegen, hat man es schwer. Um sich einen Überblick über die Völker und Gegenden zu verschaffen, muss man eine Menge Text lesen. Das Vorhandensein von einer aussagekräftigen Kopfzeile, die Wahl der Überschriften und die Gliederung des Buches sind aber vorbildlich. Und Heavy Metal will schließlich auch nicht übersichtlich sein, sondern emotional und brachial. Genau wie die Heavy-Metal-Songs, die in der Fußzeile jeder Seite mit Band- und Albumnamen gelistet sind, will Malmsturm eine gewisse Stimmung erzeugen, Emotionen wecken und Geschichten erzählen. Und das gelingt.

Fazit: Malmsturm ist ein dicker Band mit einer stimmungsvollen und ideenreichen Sword-&-Sorcery-Welt voller mächtiger Magie, uralter Legenden und emotionaler Geschichten. Wer es barbarisch, wild und dunkel mag, kommt voll auf seine Kosten. Das Buch ist hübsch, stabil, und es macht Spaß es zu lesen. Volle Kaufempfehlung an alle, die Conan für zu lasch und Fafhrd für ein Weichei halten.

Malmsturm – Länder des Sturms
Quellenbuch
Werner H. Hartmann, Bjorn Beckert
Uhrwerk Verlag 2008
ISBN: 978-3-95867-149-2
480 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 39,95

[Die Rezension wurde für den Ringboten erstellt. Der Verlag stellte mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung.] 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen