04.10.22

Mäuseritter, Aliens und besoffene Halblinge

Vor ein paar Wochen war die Auf-den-Inseln-Con 2022. (Ist das schon wieder so lange her?) Da kommendes Wochenende die SPIEL ist Essen ist und dort das ganz frisch erschienene „Mausritter“ das erste Mal verkauft wird, will ich noch schnell diesen Con-Bericht loswerden. Wir haben nämlich gleich zweimal „Mausritter“ gespielt – und „Alien“ und „DCC“. Vielleicht ist ja jemand an dem kleinen und extrem feinen Mäuserollenspiel interessiert und will noch ein paar weitere Eindrücke, bevor sie oder er nächste Woche auf den Bestellen-Button bei System Matters klickt. 

Von Donnerstag bis Sonntag traf sich jedenfalls unsere mit ca. 50 Leuten gar nicht mal so kleine Rollenspielfamilie direkt an der Nordseeküste, um zu zocken, zu lachen und rumzugeeken. Es war wie immer ein Fest.

Am Anreisetag begrüßte uns stürmisch der Herbst und ließ es an Begeisterung auch den Rest des Wochenendes nicht fehlen. Auch wenn wir viel in Räumen gesessen und gespielt haben, spielt das Wetter in einem Zeltlager eine größere Rolle als in Jugendherbergen. Es war kalt und hat abwechselnd gestürmt und gegossen. Die Sonne kam zu Kurzbesuchen vorbei, nur um fünf oder zehn Minuten später wieder von Sturm und Regen abgelöst zu werden. Am Ende hat es niemanden gestört, doch wir waren immer dick eingepackt in den unbeheizten Räumen.

Der Donnerstag startete ich mit einer Runde „Mausritter“. Seit der Vorbestellaktion von System Matters will ich das System ausprobieren. Ich hatte mir die Abenteuersammlung „The Estate“ bei meinem letzten Besuch im Fantasyladen gekauft und freute mich darauf, eines von den gelungenen Abenteuern zu spielen. „The Estate“ ist eine kleine Box mit einem 8-seitigen Heft, das kurz das namensgebende Anwesen beschreibt, 11 Faltblättern aus dickem Papier (oder dünner Pappe, je nachdem wie man es sieht), einer doppelseitigen Karte und diversen Bögen mit Pappmarkern für die Ausrüstung und die Zustände, die in den Abenteuern benötigt werden. Die Faltblätter sind die Abenteuer. Sie sind abwechslungsreich und kreativ und mit jeweils 6 DIN-A5-Seiten kurz und knackig. Die Vorbereitung war mit der Erstellung von sechs fertigen Charakteren, drucken und ausschneiden der benötigten Pappmarker und dem nochmaligen Lesen der Regeln in 1,5 bis 2 Stunden erledigt. 

Wir spielten „The Ticking Tower”. Die Mäuse untersuchen eine Standuhr, in der eine Spinnenkönigin wohnt, die Magie erforscht. Angeblich läuft hier die Zeit anders. Das Abenteuer war unterhaltsam und lief leicht und unproblematisch – perfekt für den anstrengenden Anreisetag. Die einfachen Regeln haben genauso funktioniert, wie ich es mir gewünscht hatte. Das war ein schöner Einstieg und ich freue mich darauf, die gedruckte Box von „Mausritter” auf der SPIEL abzuholen.

Als ich Freitagmorgen gegen 10 Uhr Richtung Frühstücksraum schlurfte und mich freute, dass ich noch eine entspannte Stunde Zeit für Frühstück und Kaffee hatte, wurde ich von Leuten, die mir entgegenkamen, mit „Da ist er ja” begrüßt. Nachdem mir dann drei weitere Leute mitteilten, dass ich gesucht wurde, weil das nächste Spiel schon losgehen soll, nahm ich dann doch den Kaffee und das Brötchen mit zum Spieltisch. Wir spielten „Alien” von Free League. Der Spielleiter hatte die Starterbox mitgebracht und wollte uns durch das darin enthaltene Horrorabenteuer lotsen. Während der Kaffee langsam meine Lebensgeister weckte, besprachen wir entspannt die Charakterbögen, die Regeln und die Abenteuerprämisse. Die Box ist toll. Eine große übersichtliche und stimmungsvoll-hübsche Karte hat uns sehr beim Spiel geholfen. Die Würfel sind gut lesbar und sehen trotzdem gut aus. Die Initiativekarten sind gut durchdacht. 

Das Abenteuer ist auch gut. Es ist die klassische Alien-Geschichte: Ein „totes” Schiff wird untersucht und dann geschehen gruselige Dinge. Jede Figur hat eine eigene Agenda, die sich während der drei Akte der Story verändert. Die Aliens waren nicht die aus den Filmen bekannte Spezies, sondern ein wenig anders. Das war ein spannender Tag. Danke an den SL! (Ich nenne keine Namen, weil ich nicht gefragt habe, ob das ok ist.)

Abends war ich dann wieder dran und wie immer in den letzten Jahren musste natürlich einmal „Dungeon Crawl Classics“ geleitet werden. Rausgesucht habe ich ein Abenteuer von Studio 9 (also ein Third-Party-Produkt), das ich schon lange leiten wollte. Der Trichter „Strange Night at the Pint’n’Pony” beginnt in einer Kneipe für „kleine Leute”. Die Deckenhöhe ist nur 1,50 m und so kommen hauptsächlich Halblinge und Zwerge, um nach anstrengendem Tag, etwas zu trinken. Plötzlich bricht der Boden auf und Rattenmenschen strömen in den Schankraum. Nachdem sie besiegt und vertrieben sind, stellen die Feiernden mit Schrecken fest, dass mehrere Bierfässer in den Tunnel gerollt sind. Sie müssen natürlich geborgen werden und da der Alkohol für den nötigen Mut sorgt, klettert die Truppe in das dunkle Loch.

Ein Fass ist noch heil (und schnell ausgetrunken), bevor der Gang einbricht. So muss die Truppe durch einen uralten Dungeon voller Tempelstätten und uralter Fallen einen Weg nach draußen finden. Der Dungeon ist unterhaltsam und bietet viele Gefahren und viele Rätsel. Leider wird auf das Thema „kleine Leute” nicht mehr eingegangen und auch die Tatsache, dass alle SC angetrunken (oder schlimmer - es gibt drei „Intoxikationslevel”, die sich die SC nach oben arbeiten können) sind, spielt außer ein paar veränderten Spielwerten keine Rolle mehr. Der Dungeon ist aber auch so spannend genug. Ich denke, das durchschnittliche offizielle Abenteuer von System Matters oder Goodman Games ist etwas besser, aber ich bin auch voreingenommen. Wir hatten jedenfalls viel Spaß.

Samstag ging es nach dem Frühstück wieder um „Mausritter“. Diesmal war ich Spieler. Wir probierten ein (genauer: zwei zusammenhängende) Abenteuer aus, dass der Spielleiter testen wollte. Es soll, wenn ich das richtig verstanden habe, irgendwie von System Matters veröffentlicht werden, ob als PDF oder gedruckt, kann ich nicht sagen. So konnte ich das kleine Spiel jedenfalls von der anderen Seite des SL-Schirms ausprobieren. Die Abenteuer haben Spaß gemacht, hatten nette Ideen und waren spannend. Ich würde gern mehr über die gelungene Prämisse berichten, vermeide aber lieber den Spoiler. Am Ende hätte meine Maus als sie über eine schlafende Schlage hechten wollte, fast mit einer vergeigten Probe die Gruppe in ernste Gefahr gebracht. Mit Glück und durch unsere zahlenmäßige Überlegenheit überlebten wir alle den Endkampf, ohne verschlungen zu werden. Man verschätzt sich da leicht. Die Kämpfe in „Mausritter“ sind zwar ziemlich gefährlich, eine zahlenmäßige Überlegenheit wirkt sich aber stärker aus als in den meisten anderen Systemen. 

Und schwupps war die Con fast vorbei. Das Ende bildete wie üblich das Tablequiz, das sich bis in den späten Abend zog. Grübeln und Gelächter und die gewohnte Geselligkeit machten daraus wie immer einen großen Spaß und einen gelungenen Abschluss der Con. Wir quatschten noch bis in die Nacht und fielen dann in die Betten.

Da ich eine weite Anfahrt habe, wollte ich dieses Jahr die Con bis zur letzten Minute auskosten. Aus diesem Grund bot ich für Sonntag noch ein einfaches Rollenspiel an. Bis 15 Uhr ist das Zeltlager offen. Da habe ich wieder etwas gelernt. Obwohl die Gruppe voll besetzt und alle motiviert waren, war das Abenteuer von vorn herein zum Scheitern verurteilt. 

Als System wählte ich „Adventurers“. Das ist ein winziges Universalsystem vom Verlag GRAmel, das auf zwei Doppelseiten passt. Ich hatte das vor ein paar Jahren schonmal ausprobiert und war sehr angetan gewesen. Es ist umsonst und lohnt einen Blick. Diverse ebenso kurze Quellenbücher sind extrem günstig zu bekommen und vom Spielwert her ebenfalls hervorragend. Wir versuchten „Dark Camelot“ zu spielen. Es ist eine dunkle Version von König Artus‘ England. Das Abenteuer ist einfach gehalten und lässt die SC gegen ein paar dunkle Feenwesen kämpfen und Spuren durch einen gefährlichen Wald verfolgen. Leider war ich innerlich viel zu sehr in Aufbruchsstimmung, um mich ausreichend auf ein Rollenspiel einzulassen. Mittagessen und immer wieder Leute, die hereinkamen, um sich zu verabschieden, brachten das kleine bisschen Spielfluss unentwegt zum Halt. Als ich schließlich vorschlug, das Spiel vorzeitig abzubrechen, war niemand böse.

Das war kein perfekter Abschluss für die Con, aber böse war auch niemand, denke ich. Der Rückweg war lang und kurz vor Mitternacht war ich dann schließlich zu Hause.

Danke an die Orga - wie immer. Es war ein riesiger Spaß! Nächstes Jahr ist das zwanzigste Mal Auf-den-Inseln-Con. Ich mache bereits Pläne ...


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