
Ich habe außerdem ein wenig beim Fahnenlektorat geholfen. Da ich mit den Jungs befreundet bin, würde ich nichts schreiben, wenn ich das Buch schlecht fände. So viel Loyalität muss sein. Ich finde es aber gut, also schreibe ich.
Mir ist zu Ohren gekommen, dass Fragen zur deutschen Ausgabe gestellt werden. Man mag mir verzeihen, wenn ich nicht verstehe, warum diese Fragen gestellt werden, aber deshalb darf man sie trotzdem beantworten. Also:
1. Warum ist das Buch so dick? - Die deutsche Übersetzung eines englischen Textes ist 10 % - 30 % länger als das Original. Außerdem ist das Layout neu - und, wie ich bereits andeutete, wesentlich hübscher. Guckt euch nur das Cover an. Ich trauere dem original Cover ein wenig hinterher, aber das deutsche ist ein Hingucker. Die Großzügigkeit der Seitengestaltung wurde (zu Recht) beibehalten. Klickt auf die Bilder, um sie euch genauer anzusehen. 25 % mehr Seiten sind jedenfalls ziemlich normal, denke ich.

Nun zu DW selbst.
Wenn ihr bereits wisst, worum es geht, könnt ihr hier aufhören zu lesen. Es sei denn euch interessiert, warum ich bestimmte Bereiche des Spiels gut oder nicht so gut finde :-)
Charaktererschaffung
Es gibt zwei Gründe, aus denen ich DW herausragend finde. Einer davon sind die Charakterbücher. Der Spieler wählt einen Archetypen aus und schnappt sich das passende Charakterbuch. Dann wählt er aus Listen aus. Ist jede Liste abgearbeitet, ist die Charaktererschaffung fertig. Durch die Spielzüge (s. u.) und die Einfachheit und Einheitlichkeit des Würfelsystems hat man ratzfatz die Figur fertig. Eine weitere tolle Idee ist, dass niemals ein Archetyp in einer Gruppe zweimal vorkommen darf. Es sind halt Archetypen, die gibt es nur einmal. Drüben bei Ingo kann man das Charakterbuch des Diebs herunterladen und sich ein Bild machen.

Das Prinzip ist super - robust, eingängig und funktional. Nur der Spieler würfelt. Soweit ich weiß, ist Apocalypse World, auf dessen Grundlage DW erstellt wurde, der Erfinder der "Player Facing Dice Rolls", also der Tatsache, dass nur die Spieler würfeln und niemals der SL. (Es möge mich bitte jemand korrigieren, wenn ich mich irre.) Der Spieler würfelt 2W6 und zählt abhängig von Spielzug und Eigenschaften einen kleinen Bonus hinzu. 2-6 bedeutet Fehlschlag; 7-9 bedeutet Teilerfolg oder Erfolg mit einer Komplikation oder einem kleinen Rückschlag; 10+ bedeutet Erfolg. Durch den mittleren Bereich wird das Spiel auf ungeahnte Weise nach vorn getrieben. Der Spielleiter ist immer gezwungen, sich spannende Resultate auszudenken.
Spielzüge
Hier scheiden sich die Geister. Spielzüge sind alles, was getan werden kann. Sie sind das, was in anderen Rollenspielen einfach da ist und keinen Namen hat. Der Spielzug "Hauen und Stechen" ist beispielsweise für den Nahkampfangriff zuständig. Ergebnisse: Daneben; getroffen, aber der SC bekommt Schaden vom Gegenangriff des Monsters; getroffen, ohne Schaden zu nehmen. Prinzipiell ist das toll. Die Charakterbücher haben verschiedene zum Archetypen passende Spielzüge, was Sonderfähigkeiten einfach darstellt. Die Spielzüge des Spielleiter geben ihm Inspirationen, wenn er mal improvisieren muss. Allerdings verregeln sie Dinge, die selbstverständlich sein sollten.
Auch wenn man hier ein wenig Eingewöhnungszeit erwarten muss, funktionieren die Spielzüge gut und verschwinden schnell im Hintergrund. Der Nachteil ist nur, dass das Regelwerk eine Menge Erklärungsaufwand benötigt, um die Idee der Spielzüge zu verdeutlichen. Hier wird es mir zu schwafelig.

"System Matters", fürwahr. Das Regelsystem und die Gestaltung der Spielzüge bringt ein Spiel zu Tage, das die Spieler zur Mitgestaltung auffordert. Der Spielleiter ist gezwungen, Lücken im Abenteuer zu lassen, die die Spieler mit ihrem Spiel füllen. Klassische Railroads sind kaum möglich. Ich weiß nicht, ob ich ein Fan davon bin, als Spieler ständig an der Welt und dem Abenteuer mitzuschreiben, aber es ist auf jeden Fall ein interessantes Spiel. In DW ist das auch bei weitem nicht so extrem wie in anderen auf Apocalypse World basierenden Spielen. In dieser Form komme ich gut damit klar. Kommt genug Geld zusammen, werden noch dieses Jahr (Katastrophen ausgenommen) 20 Beispielabenteuer veröffentlicht, die dem SL den Einstieg in diese Art Spiel erleichtern.
Viel Zeug
Die englischsprachige Szene ist begeistert von DW. Es gibt Unmengen an Zeug, das man mit ein wenig Suchen kostenlos bekommen kann: Dungeon Starter, neue Charakterbücher, Play Kits. Und zu kaufen gibt es auch eine Menge: Weltbeschreibungen, groß angelegte Abenteuer usw. Diese Sachen sind natürlich auf englisch, aber das dürfte die Meisten ja nicht stören.
Fazit
DW ist hip und indie und ein wenig hippie. Es funktioniert - richtig gut sogar. Es ist einfach und macht Spaß. Es nimmt das klassische Dungeonspiel und verändert es. Kauft das Buch. Tut es, weil die Beschreibung des Abenteuerdesigns neue Blickwinkel aufzeigt. Tut es wegen der Spielbücher oder des tollen Würfelsystems. Oder tut es einfach, um einen sympathischen Kleinverlag zu unterstützen, der große Pläne hat.
Zur Vorbestellaktion.
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